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Jörg Liebenfelß:
Aus: Das gestohlene Gesicht - Filmroman

WIESO schockierte mich Danielas Verhalten? Sie hatte mich in den zwei zurückliegenden Wochen nie anders behandelt. Zuckerbrot und Peitsche, Zuneigung und Abneigung. Wobei der Begriff Zuneigung romantisch geschönt ist. Im Grunde hatte sie sich immer nur genommen, was ihr gerade in den emotionalen Kram passte. Wollten wir beide nicht eine neue Körpersprache für Liebende erfinden?

Mein Fehler oder mein Pech war, dass ich mich total in sie verliebt hatte und trotz vernünftiger Selbstzensur nicht mehr aus ihrem Bannkreis befreien konnte.

Blind für die Blumenpracht in unserem Garten, setzte ich mich in die Hollywoodschaukel und versuchte mir die Konsequenzen auszumalen. Ein Problem zeugt erfahrungsgemäß das nächste. Deshalb hatte ich nach meiner Ankunft in Blankenese den Anrufbeantworter noch nicht abgehört.

Als ich mein Handy einschaltete, beunruhigte mich eine SMS meiner Frau: „Komme erst Montag zurück. Halte mir beide Daumen! Bin überraschend mit Mia de Grooth in Paris gelandet. Mache ein Casting für Kosmetik-Firma. Kuss, Renée.“

Bin mit Mia in Paris gelandet! Einfach so. Statt auf der Hochzeit ihrer Freundin zu tanzen, tanzte sie mit der „Glamazone“ durch ein Castingstudio in der Seine-metropole. Damit bekamen ihre neuen Portraitfotos einen aktuellen Bezug. Sie gestand mir ihren Ausflug ohne Beschönigung und Ausrede.

Der Stachel der Eifersucht piekste mich. Liebte ich beide Frauen? Ich wusste es nicht. Renée kannte ich seit fünf Jahren und Daniela seit vierzehn Tagen und sieben Stunden.

Die eine hat mit der anderen nichts zu tun, hatte ich meinem Freund Ole zu erklären versucht. Lüge, alles Lüge, wenn auch nicht bewusst gelogen. Natürlich hatte meine Beziehung zu beiden mit beiden zu tun. Und zwar untrennbar. Genau das war mein Problem.

Während ich in Sylt meine Frau und Mia de Grooth mit Daniela Lerdon betrogen hatte, hinterging Renée mich und Daniela mit der Amazonenvenus. Tolle Konstruktion.

Ich begann zu frösteln und ging ins Haus. Als ich mir einen Pulli überstreifte, läutete das Telefon. Ich schaltete den Anrufbeantworter aus und nahm den Hörer ab.

Daniel Eisenstein rief aus München an: „Sag mal, mein Junge, was soll denn das mit dem Kloster, bist du konvertiert?“

„Nein, eher pervertiert! Nimm es als Laune oder Scherz, wie du willst.“ Mir war nicht nach langen Erklärungen zumute.

Mein Agent quittierte meine Unhöflichkeit mit einem Räuspern und ließ mich wissen, dass Renée erst morgen, also einen Tag später als geplant, zurück-kommen wird.

„Ich weiß, sie hat mir eine SMS geschickt.“

„Mutiges Mädchen“, hörte ich ihn sagen.

„Dann steckst wohl du hinter der ganzen Parisgeschichte, oder?“

Er leugnete es nicht. Er hatte meine Frau zu den neuen Fotos überredet, damit sie die für ein Model berufswichtige Mappe vorlegen konnte. Und die Verbindung zu Mia de Groth hatte er ebenfalls eingefädelt.

„Raste jetzt nicht gleich aus, Stefan“, versuchte er mich zu beruhigen. „Mia war meine Assistentin, das weißt du doch. Und wir haben noch immer ein Arbeits-Verhältnis miteinander.“ Ich schwieg.

„Versteh doch, es geht um die Chance für einen lukrativen Werbevertrag“, setzte er hinzu.

„Und dafür verkuppelst Du meine Frau mit einer Mega-Lesbe?“

„Jetzt übertreib mal nicht, mein Junge. Mia liebt die Lerdon mehr als ihr Leben! Sie ist ihre Geliebte, ihre Schwester und ihr Sorgenkind. Und noch vieles mehr. Versteh einer die Frauen! Und Renée ist erwachsen und wird schon wissen, was sie tut.“

„Du machst meine Ehe kaputt“, blaffte ich in den Hörer.

„Ich versuche sie zu retten! Kapier das doch endlich.“

Das saß. Um für ein Kosmetikprodukt zu werben, musste Renée nicht auf den Catwalk, nicht auf den Laufsteg. In letzter Zeit herrschte in der Produktwerbung sogar der Trend, Model-Jobs mit Schauspielerinnen zu besetzen. Allerdings handelte es sich dabei um prominente Gesichter.

„Bist du noch dran, Stefan?“

„Ja, ich bin noch da.“

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Jörg Liebenfelß:

Das gestohlene Gesicht